Wömit Angel - Under Sadistic Pressure Albumcover-minGenre: Black Metal/Crust Punk
Label: Reaper Metal Productions
Veröffentlichung: 01.10.19
Bewertung: 8/10 (Klasse)

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Die spinnen die Finnen! Nachdem Bands wie IMPALED NAZARENE die Messlatte für abgedrehten Anarcho Black Metal bereits meilenweit in die Höhe gehangen haben sollte klar sein, dass diese Stilistik noch mehr gestörte Musiker auf den Plan rufen wird. Einer dieser Nachzügler trägt den (wie ich finde absolut geilen) Namen WÖMIT ANGEL. Gegründet im Jahre 2010 in finnischen Tampere mischte das Trio zunächst mit drei selbst produzierten Demos den Underground auf bevor man letztlich die Aufmerksamkeit von Inverse Records auf sich lenken konnte. Jetzt, drei Alben und eine EP später, lädt das neue Werk „Under Sadistic Pressure“ über Reaper Metal Productions zur fröhlichen BDSM-Session ein.

Los geht das Schäferstündchen mit „Religion Latex Suffocate“. Sofort rumpelt es kräftig und ziemlich wild. Schnelles, differenziertes und punkig-schwarzes Riffing bestimmt den Song, bei dem das Gaspedal direkt bis auf das Bodenblech durchgedrückt wird. Hohes Gekeife seitens des Vokalisten W. Horepreacher paart sich mit den energetischen Drums von Fellgerber Atomic Torment und mischt so eine kurze, aber auch intensive Dröhnung ohne Kompromisse.

Der zweite Song „Slaughterbuster“ schlägt genau in dieselbe Kerbe und lässt die Drehzahl im roten Bereich verankert. Es ist deutlich zu vernehmen, das WÖMIT ANGEL von der in der Einleitung angesprochen Band beeinflusst sind. Jedoch nehmen WÖMIT ANGEL hier auch mal kurz das Tempo raus um einem atmosphärischen und ziemlich bedrohlichen Interlude Platz zu lassen, das ziemlich doomig und klaustrophobisch wirkt.

„Paindomain“ geht indes unmittelbar in die punkige Richtung zurück, wie man es etwa von SKITSYSTEM kennt. Todesböse und gemein, aber auch irgendwie leicht melodisch. Der Black Metal Anteil wird leicht zurückgeschraubt und sogar ein kurzes Solo verliert sich am Ende in den Song. Man kann sich bei der Darstellung sehr gut vorstellen, dass die Musik von WÖMIT ANGEL in einem kleinen, dicht bepacktem Club mächtig nach vorne geht und fliegende Haare und Körperteile vorprogrammiert sind. Man bekommt einfach den Drang sich zu bewegen und abzufeiern. Eine durchaus positive Eigenschaft, wenn man doch bedenkt, dass bei vielen Bands diese Transition recht schnell gekünstelt und erzwungen wirkt. Die Finnen können mit einer ziemlichen Kredibilität punkten, welche ansteckend wirkt.

„Doom To The Known World“ wabert leider in seiner knappen Minute Spielzeit etwas dahin und kann nicht wirklich einen sinnvollen Beitrag zum Album leisten, was in Anbetracht des sich anschließenden „Impaled In The Name of Grotesque Triumph“ aber zu verschmerzen ist. Hier wird ein ums andere mal ein Stück weit sogar die Nähe zu den Österreichern BELPHEGOR tangiert. Mit gut gesetzten Bremsen, Gitarrenleads und sogar einem wahrnehmbaren Refrain zieht die Band den Hörer immer tiefer in die Irrungen und Wirrungen psychotischer Triebtäter und beschleunigt die Spirale des Wahnsinns immer weiter.

„Diabolical Aftermateria“ wechselt in seiner Ausrichtung schon ein wenig zum Grindcore und besticht ebenfalls durch leicht thrashiges Riffing und dem hörbaren Willen der Truppe den Ohren des Hörers einfach weh zu tun. Stoisch nach vorne gerotzt und auf den Punkt gespielt. So geht Punk.

Der drittlängste Titel des Albums „Sadocommand“, für den ebenfalls ein Musikvideo gedreht wurde (welches ihr euch hier ansehen könnt), lässt im Vergleich zu den anderen Songs definitiv aufhorchen. Hier wird der Groove besonders groß geschrieben und dick unterstrichen. Rhythmisch wird ein wenig Abwechslung geboten und auch die Riffs wechseln von angeschwärzt-melodisch hin zu leicht dissonant, was der Nummer eine gewisse Tiefe verleiht. Zum Ende wird dann aber doch nochmal der große Eisenhammer herausgeholt um dem Hörer mit Blast Beats den Scheitel nachzuziehen. Eine absolute Partygranate die klingt wie eine Kneipe voll mit Bikern, die sich im Heroinrausch um eine Nonne prügeln.

Apropos Nonne, der nächste Song „Flesh Necrotic Lunacy“ beginnt passenderweise mit einem gregorianisch anmutenden Männerchor. Allerdings bricht der Trupp die Ordnung recht schnell und lässt den nächsten satanischen Bastard von der Kette. Das schiefe Solo in der Mitte macht ziemlich Laune, was aber leider auch schon alles ist. So langsam ist die Luft dann scheinbar auch raus und der Titel wiederholt leider in zu plumper Weise das bisher Gebotene.

Auf der Zielgeraden knüppeln WÖMIT ANGEL dann nochmal aus allen Rohren. „Ominous Bloodletting Ritual“ lässt ein wenig klassischen Heavy Metal durchscheinen und lässt in der Kombination mit dem vorherrschenden Black Metal Feeling an GOATWHORE denken, die eine ähnliche Melange brauen. Sogar ein Basssolo (die gibt es noch?!) haben die Finnen untergebracht. Der letzte Schlag in die Lendengegend ist gleichzeitig der Titeltrack. „Under Sadistic Pressure“ stampft im Midtempo voran und eine gewisse Prise BATHORY oder IMMORTAL kann man nicht verschweigen. Der Song bietet verschiedene Facetten und lässt durchblicken, dass sich bei WÖMIT ANGEL nicht einfach drei Verrückte gefunden haben, sondern das sie auch ernst zunehmende Musiker sind, die in Sachen Songwriting durchaus den einen oder anderen Kniff beherrschen. Der letzte Titel stellt quasi in gewisser Weise den Kontrast zum anderen Material dar. Wo alle anderen Songs tendenziell eher straight nach vorne gingen, nimmt sich der Titletrack zurück und etabliert über die Spielzeit ein schön kaltes Feeling, welches man sonst nur aus Norwegen kennt.

Was kommt wohl dabei heraus, wenn man „Orgasmatron“ und „Inferno“ von MOTÖRHEAD, eine Packung Umschnalldildos, die Biographie von GG ALLIN und die satanische Bibel von Anton Szandor LaVey als Hörbuch in einen Mixer wirft, der mit 5000 Watt aus dem Ergometer eines Swingerclubbesuchers betrieben wird? Richtig, WÖMIT ANGEL. Ja, die Musik ist streckenweise recht simpel und primitiv. Ja, der Sound ist an manchen Ecken nicht der allerbeste und ja, technisch hat man auch schon krassere Dinge gehört. Nichts desto trotz macht „Under Sadistic Pressure“ extrem Spaß und kesselt amtlich. Die Songs sind, bis auf die angesprochenen Ausnahme, knackig und genau ins Ziel gespuckt. Der Bandname verrät bereits alles was man wissen muss, um hier nicht enttäuscht zu werden. Wer sich verkopften Progressive reinfahren möchte, der soll sich die aktuelle Scheibe von PLINI geben, hier wird nämlich hundsgemein geballert und das mit großer Freude und ohne Rücksicht auf Verluste.