In der jüngsten Zeit sieht sich die Subkultur im Metal mit einem immensen Problem konfrontiert: Konzerte sind bis auf weiteres abgesagt. Clubs und Bars bleiben geschlossen. Touren werden verschoben. Teilweise werden Releases kurzerhand neu datiert. Die Corona-Krise hat der gesamten Gesellschaft einen deutlich spürbaren Riegel vorgeschoben und uns einiger elementarer Freiheiten beraubt. Die Frage, die sich jedoch stellt, ist: Welche Entwicklung erwartet uns NACH der Krise und wie reagiert die Szene?

Das alles beherrschende Thema „Corona-Krise“ geht am Metal nicht vorbei. Musiker vermelden, dass sie positiv auf das neuartige Virus getestet wurden, teilweise mit schweren Verläufen, wie beispielsweise bei DEATH ANGEL Drummer Will Carroll. Dieser musste aufgrund der Infektion sogar für 12 Tage künstlich beatmet werden und überstand die Erkrankung nur um Haaresbreite (Link). Festivals wie das HELLFEST oder das DOWNLOAD FESTIVAL, neben vielen anderen, wurden entweder verschoben oder gänzlich abgesagt. Die Clubs und Konzertsäle bleiben menschenleer, ohne Aussicht auf Änderung. Touren werden gecancelt, was die Musiker vor immense finanzielle Einbußen stellt und ergo auch die Labels in ziemliche Nöte manövrieren wird. Durch die gesellschaftlichen Einschränkungen wurde in Sachen „Livemusik“ der Stecker gezogen und nun sind die Metalfans gefragt, der Sache wieder Leben einzuhauchen.

Ganz klar wird allein deswegen die Musikszene nicht sterben, wir haben schließlich auch den Grunge überlebt. Dennoch bleibt abzuwarten, in welchem Maße sich der Markt wieder erholen wird. Falls man US Amerikanischen Experten Vertrauen schenkt, liegt es sogar im Bereich des Möglichen, dass wir bis zum Herbst 2021 (!) keine Shows besuchen können und sich Massenveranstaltungen zunächst um weitere 18 Monate hinauszögern (Link). Sicherlich kann wohl niemand so weit in die Zukunft schauen und den Verlauf der Pandemie so genau bestimmen, daher sollte man mit einer gesunden Skepsis an diese Prognose gehen. Doch mal angenommen, es wäre tatsächlich so: Wie sähe die Musiklandschaft im Metal und Rock dann aus?

Konzertcrowd

Bereits jetzt gehen Bands und Labels eher untypische, wenn auch sehr kreative Wege. Livestreams von Konzerten in extra gemieteten Hallen, ohne Publikum, werden angeboten, sodass man wenigstens ein Stück weit die Herdenwärme eines Gigs spüren kann. Immer mehr Bands suchen über ihre Social Media Kanäle die Nähe zu den Fans und bitten in diesen Zeiten mehr denn je um ihren Support. Das ist richtig und wichtig und auch nur logisch, so ist doch das Tourleben die Haupteinnahmequelle, die den Musikern das Überleben sichert und den Ball am Rollen hält und dafür sorgt, dass wir uns über fette Veröffentlichungen freuen dürfen. Doch machen wir, rein orientiert an der Albtraum-Prognose der Experten, einen imaginären Zeitsprung.

Januar 2022. Die Pandemie ist in den meisten Teilen der Welt eingedämmt und erfolgreich bekämpft worden. Das normale Leben hat seinen gewohnten Rhythmus zurückerlangt und der FC Bayern ist wiedermal als Tabellenführer in die Winterpause gegangen (*seufz*). Die ersten Konzerte konnten wieder stattfinden, ABBA sind zurück und unsere geliebten Bars und Kneipen haben ihre Türen (sofern sie sich denn halten konnten) wieder geöffnet. Es gibt unzählige Möglichkeiten Livemusik zu erhaschen, da die Bands und Truppen nun nahezu Schlange stehend auf die Bühne zu können. Die Fans sind entsprechend ausgehungert und gieren nach dem Kunstnebel, dem Adrenalin und dem Erlebnis. Die Lichtshow wird gestartet und nach einem theatralischen und orchestralen Intro betreten 5 Musiker die Bühne, um nach einem langen Feedback und dem Einzähler mächtig Gas zu geben. Schon ab der ersten Note wippen die anwesenden zehn Gäste beschwingt mit den Beinen. Mehr sind es heute nicht geworden, die Abendkasse weist gähnende Leere auf. Unrealistisches Szenario? Bei weitem nicht. Dies ist der Status Quo, der sich vor Beginn der Corona-Krise in vielen Clubs und Locations geboten hat.

leerer Club

Mit dieser Aussage soll keineswegs der Gehörnte an die Zimmerbegrenzung illustriert oder mit angezogenem Finger auf nackte Leute gezeigt werden, allerdings darf man sich ruhig der Überlegung hingeben, was genau sich denn schlussendlich an der Bereitschaft der Menge ändern soll, Undergroundkonzerte zu besuchen und sich mehr in die regionale Szene einzubringen, wenn dies bereits vorher eher mit schwankender Qualität und wechselndem Interesse geschah. Das Problem ist keineswegs neu und wurde mehrfach thematisiert (Link), jedoch scheint sich nur bedingt etwas daran geändert zu haben. Nach wie vor war es ziemlich normal, dass Bands, die teilweise hunderte, manchmal tausende Kilometer auf sich genommen haben, vor halbleeren Sälen spielten und am Ende nicht mehr als ein T-Shirt verkauft haben. Wenn es denn gut lief. Sicherlich wird es in der ersten Zeit „Post-Corona“ mehr Zulauf geben und ganz klar werden auch die Touren im Gros wieder gut besucht sein, doch trotzdem bleibt der fade Beigeschmack, dass sich die Bequemlichkeit wieder einstellen wird und Livemusik und somit Kultur ganz allgemein erneut den Schritt in die Selbstverständlichkeit machen werden.

Es liegt an jedem Einzelnen diese These bzw. Behauptung auf den Prüfstand zu stellen und zu widerlegen. Momentan hat man so viel Zeit wie sonst nie, neue Musik zu entdecken und frische Bands kennenzulernen. Es wäre wünschenswert, wenn dieser derzeit betätigte „Reset-Knopf“ eine nachhaltige Wirkung hätte und ein Umdenken in Gang setzt. Es ist nicht selbstverständlich gesellschaftliche Events zu besuchen. Es ist nicht selbstverständlich täglich Kultur genießen zu können. Es ist nicht selbstverständlich, dass dies trotz teilweise herber Verlustgeschäfte nach wie vor verfügbar ist und es ist ganz sicher nicht selbstverständlich, dass sich Personen auf eine Bühne stellen und dann am Ende, einem Livestream ähnelnd, kaum Applaus bekommen und dennoch weitermachen, weil sie lieben, was sie tun.