Genre: Progressive Metal/Post Metal Label: Lifeforce Records Veröffentlichung: 29.04.19 Bewertung: 5/10 (Durchschnitt) Facebook Bandcamp
Nanu? Das Jahr 2019 ist schon ein bisschen her, aber dennoch lohnt es sich hin und wieder einmal einen Blick zurück zu werfen und zu schauen was man verpasst hat. Und seien wir mal ehrlich, dazu haben wir alle momentan relativ viel Zeit. Mit „Lights Flashing In Mute Scenery“ veröffentlichte die finnische Band von der Südwestküste bereits ihr viertes Studioalbum, mit dem sie von ihrer eigenen Linie abweichen, die Werke nur mit einem Wort zu betiteln. Ist das ein Zeichen das die Herren uns nun mehr zu sagen haben? Auffallend ist, dass sich OCEANWAKE stets gut darin verstanden sehr lange Songs zu schreiben. So findet sich auf jedem bislang veröffentlichten Album mindestens ein 10 minütiger Brocken Musik. Beim Vorgänger „Earthen“ trieben es die Finnen gar auf die Spitze und lieferten ein Album ab, welches aus nur zwei Songs bestand, die allerdings jeweils deutlich über 20 Minuten Laufzeit aufweisen. Auch von dieser Linie wich die Band nun ab. Kein Song knackt die 10 Minutenmarke, dafür mitteln sich alle Stücke ungefähr bei 6 Minuten. Bei einem so abweichenden Band-Algorithmus ist das Interesse schon einmal geweckt.
Fragil startet „Radiant Nightbreak“ und bereits im Intro des Songs kann man feststellen das hier mit viel Kalkül und Vorsicht komponiert wurde. Die Tonwechsel sind schwerfällig und werden langatmig zelebriert, was den schwebenden und offenen Charakter gut zur Geltung kommen lässt. Klargesang und Growls wechseln sich ab, während Schicht um Schicht musikalische Farbe auf die Leinwand gebracht wird. Insgesamt entfaltet sich der Titel nur sehr langsam und setzt eher auf Atmosphäre als auf übertriebenes Riff-Geschepper. Was die vor dem geistigen Auge in Zeitlupe vorüberfliegende schneebedeckte finnische Küste zusehends unterstreicht. Ganz nett, jedoch kein wirklich zwingender Einstand und wenn es so weitergehen würde, würde die Platte vermutlich keine volle Umdrehung auf den Kopfhörern bestehen.
Die Energie ändert sich jedoch im zweiten Song „The Occult“ zunächst drastisch. Das aggressive und doomige Riffing, welches von den Vocals unterstützt wird, drückt sich schon besser aus den Boxen. Der Stimmungswechsel in eine verspielte und klare Passage wurde zwar gut umgesetzt, jedoch fragt man sich schon zurecht wie man nach diesem Auftakt hier hin gekommen ist. Als Beispiel seien hier THE OCEAN genannt, die ebenfalls ähnliche Elemente einsetzen, diese jedoch wesentlich schlüssiger ins Songwriting einzusetzen wissen. Am Ende gibt es zwar nochmal eine Kelle härteres Riffing, jedoch kann diese das Vorangegangene nicht wirklich sinnvoll ergänzen.
Bei „Season of the Rain“ wähnt man sich beinahe schon in den Gefilden von AHAB, so melancholisch und schleppend geht es hier vor. Der klare Gesang funktioniert im Gegensatz zu den ersten beiden Stücken dieses Mal deutlich besser und auch die tonale Marschrichtung weiß zu überzeugen. Man merkt, dass OCEANWAKE mit diesem Song näher an das herangekommen sind, wo die ersten beiden Tracks auch sein wollten. Schöner Song mit tollen Melodien und einigen markanten Momenten.
„Travelogue“ versucht sich an einem gewagten Spagat. Die simplen Rhythmusfiguren der Drums umrahmen einen schwelenden Bass im Hintergrund, der sich zu Füßen der melancholischen Gitarre befindet. Der Gesang wirkt beinahe rituell und schafft eine introvertierte Stimmung, die hin und wieder von einer verzerrten Gitarre und Screams unterbrochen wird. Man versteht worauf die Finnen hier hinaus wollen, allerdings haben die Klampfe und die Vocals an diesen Stellen so wenig Druck, dass einfach nicht der Effekt erzielt wird, der sich einstellen sollte. Vielleicht ist es auch eine vollkommen bewusste kreative Entscheidung gewesen, beides relativ im Hintergrund zu lassen. Wobei wir da erneut bei der Frage sind: Warum macht man das?
In den folgenden Titel „Titanomachia“ und „Currents“ ändert sich an dieser Herangehensweise auch eher weniger etwas. Die Musik ist zwar definitiv vielschichtig und kann ganz sicher auch bei einem Open Air Gig mit ordentlicher Visualisierung den einen oder anderen Moment verzaubern, jedoch kommt beim trockenen Hören via Kopfhörer nicht viel rüber. Zu gedehnt sind die Passagen, zu wenig Substanz haben die Songs und zu hoch haben OCEANWAKE ihre Messlatte gelegt um schlussendlich überzeugen zu können.
Das abschließende „Posthuma“ steht stellvertretend für alles was „Lights Flashing in Mute Scenery“ sowohl gut als auch weniger gut macht. Die Ansätze sind durchweg klasse und es gibt auch keinen Moment an dem man erkennen könnte das die Musiker nicht dazu in der Lage wären umzusetzen was ihnen vorschwebt. Allerdings reicht es eben einfach nicht aus, instrumentale Strukturen zig mal zu wiederholen und dann zu glauben, man hätte eine bestimmte Atmosphäre erzeugt. Dazu bedarf es immer noch ein Händchen für passende, großartige Melodien, die auf dem Album nur vereinzelt zu finden sind. Das grande Finale entpuppt sich nach seinen nicht ganz 10 Minuten leider nur als Schuss in den Ofen, der dem Albumtitel entsprechend leider keine Highlights setzt.