Die Melodic Death Metal Koryphäen aus Schweden haben vor kurzem ihr neues Album Moment angekündigt, welches am 20. November 2020 erscheinen soll. Vorab wurde eine Listening Session für die Presse organisiert, in der das komplette Album exclusiv vorgespielt wurde. Im Anschluss beantworteten DARK TRANQUILLITY Fragen zum neuen Album sowie zu anderen Themen.

Moment steigt mit „Phantom Days“ ein, welches auch die erste Single-Auskopplung darstellt. Ein recht sicherer Einstieg, der alles bietet, was DARK TRANQUILLITY ausmacht: Solide Growls, melodiöse Gitarren und ein Schuss Melancholie. Interessanterweise hört man Mikaels Cleangesang recht spät im Album – eigentlich schade, da dieser über die Jahre hinweg hervorragend geworden ist. In der anschließenden Fragerunde erläuterte Stanne, dass man dieses Mal mehr Zeit in die Vocals investiert hat und der Prozess vom kreativen Standpunkt aus spannender war als zuvor. Bei einigen Takes hatte man Schwierigkeiten zu wählen, da es nicht mehr um die Qualität ging, sondern um die passende, emotionale Basis für den jeweiligen Song.
Das Gesamtwerk klingt durchaus wie eine Fortsetzung von Atoma, wenngleich noch mehr auf Atmosphäre gesetzt wurde, weswegen es nur wenige Momente (pun intended) gibt, in denen die Band das Gaspedal durchdrückt. Die Band sagt dazu, dass man sich mehr auf die Gitarren konzentriert hat. Tatsächlich war das Album schon seit gut zwei Jahren in Arbeit und alles hat ein wenig länger gedauert als sonst. Dies lag, laut Band, jedoch nicht an der Pandemie.
Auch zu der aktuellen Lage gab es reichlich Fragen, doch DARK TRANQUILLITY lieferten einige überraschende Antworten. So wurde das Album in Gothenburg in einer Zeit von ca. vier Monaten aufgenommen, doch die Pandemie hatte keinen Einfluss auf den Aufnahmeprozess oder die Band. Das Arbeiten im Studio sei quasi wie ein Lockdown, da man kaum die Räumlichkeiten verlässt. Mal abgesehn davon gab es in Schweden keinen richtigen Lockdown, sodass die Band im Prinzip unbeabsichtigt in Quarantäne war. Die Albumveröffentlichung ist zwar nicht von der jetzigen Situation betroffen, jedoch sind auch die Schweden traurig, dass sie momentan keine Konzerte spielen können. Es sei sehr ungewohnt nun zu Hause zu bleiben, da man normalerweise nach einem Album-Release direkt auf Tour gegangen sei. Auch die Festivals fielen weg – man vermisse den Geruch von Festivals, so eine Aussage.
Auf die Frage, inwiefern die Musikbranche sich verändern würde, antwortete Stanne, dass er nicht glaube, dass das klassische Produzieren und Vermarkten von Alben unter der Krise leiden werde. Es sei sogar möglich, dass gerade wegen der Pandemie neue Bands bzw. Alben entstehen würden, die vielleicht ohne diese Zeitperiode gar nicht entstanden wären. Doch was die Konzerte angehe, könne man das vorerst nicht abschätzen. Es ginge darum, wie man jetzt damit umgehe und in Zukunft auf solche und ähnliche Situationen so gut wie möglich vorbereitet sei.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bezüglich des neuen Albums sind die Neuzugänge der Band: Christopher Amott und Johan Reinholdz waren am Songwriting beteiligt, was neuen, frischen Schwung und anderen Dynamiken mit sich brachte. Und auch wenn Niklas Sundin nicht mehr Teil der Band ist, wissen die meisten, dass er erneut das Albumcover beigesteuert hat. Dieses zeige den Moment, welcher in verschiedene Richtungen zerfällt, die wiederum mögliche Zukunftswege für die abgebildete Person bilden. Stanne sprach auch von einer einzelnen Erfahrung, die einem die Augen öffnet, sodass danach alles passieren kann, alles möglich ist.
Zuletzt wurde noch auf die Depeche Mode Einflüsse in der Musik von DARK TRANQUILLITY eingegangen, da diese Frage aufkam. Alle Bandmitglieder bejahten die wiederkehrenden Einflüsse und wiesen sich als große Fans der Kultband aus. Alle seien mit der Musik von Depeche Mode aufgewachsen und hätten den Sound in ihre Herz geschlossen.
DARK TRANQUILLITY präsentierten ein Album, welches sicherlich viele Fans glücklich machen wird. Es wurde mehr auf Atmosphäre gesetzt, sodass es klanglich eher eine roten Faden gibt anstatt einer dynamisch abwechslungsreicheren Gestaltung. Die Band hat sich viel Zeit genommen, um an dem Silberling zu arbeiten und an viele Details gefeilt. Die Schweden liefern ein sehr solides, handwerklich einwandfreies Album ab, das aber nicht unbedingt mit Überraschungen aufwartet. Doch während andere Vertreter des Genres in letzter Zeit nicht so sehr überzeugen konnten, bieten DARK TRANQUILLITY genau das, wofür man sie schätzt.