Passend zur weihnachtlichen Ausgabe unseres Diskussionsformats geht es dieses Mal um Harmonie und Wohlklang:
„Überaus melodiöse Bands haben im Metal nichts zu suchen, da die Musik viel zu lasch und mainstream-tauglich ist. Metal muss ballern.“
Iris: „Noch nie war ein Alleinstellungsmerkmal im Metal Genre der Blastbeat, denn keiner würde den Doom oder Heavy Metallern ihre Berechtigung in der Szene absprechen. Ich finde es wunderbar, dass es innerhalb des doch so speziellen Genres des Metals noch so viele Unterkategorien gibt, die alle ihre Daseinsberechtigung haben. Das klingt jetzt wieder sehr politisch korrekt, aber natürlich finde auch ich nicht an allen Schubladen meinen Gefallen (was nicht heißt, dass die Musik scheiße ist, i.e. qualitativ minderwertig), ich verabscheue Grindcore – ist mir zu banal und unmusikalisch – oder zu garagig-monotonen Black Metal – ist mir zu banal und unmusikalisch. Gerade Melodien erschaffen die Einzigartigkeit, aber auch Musikalität, den Ohrwurmcharakter und das Alleinstellungsmerkmal eines Songs. Genau das ist auch der Grund, warum für mich ein guter Hook nicht fehlen darf. In den Strophen oder als Rhythmusteppich können Blastbeats gerne auftreten, sind aber kein Muss und auf gar keinen Fall sollten sie allein wie ein Pilz im Wald herumlungern. Denn auch Abwechslung ist etwas, das für mich eine Rolle spielt, sonst kann ich gleich meinen Staubsauger oder meinen Mixer anschalten. Sicher haben auch banale „Songs“ ihre Berechtigung, solange es Leute gibt, die dafür Geld ausgeben – aber nicht in meiner kleinen Metalwelt.“
Marko: „Die Frage ist ja eher, was genau man als „Melodie“ definiert. Es gibt zahllose Death Metal-Bands, oftmals aus Schweden, die sich durchs Unterholz hacken als gäbe es kein Morgen, allerdings immer wieder diese typischen „Melodie-Tupfer“ aufweisen, jedoch keinesfalls klassisch melodisch sind. Doch so ganz ohne geht es einfach nicht. Musik lebt von Harmonie und Melodie, denn ohne kann ich mir auch zur Entspannung die A3 bei Nacht anhören. Es sind gerade die Melodien, die die Musik lebendig machen und dem Fundament den Kontext verleihen. Sicherlich darf es auch gerne mal amtlich scheppern, aber auf Dauer monotones Gehämmer ist eben genau dieses: Monoton und damit selten spannend. Es gibt sogar ganze Genres, die sich erst durch die Hinzunahme von Melodie etabliert haben und keinesfalls lasch sind (Melodic Death Metal). Was gab es Diskussionen, als der Metalcore groß wurde und alle den melodischen Klargesang verteufelten, da dieser ja so „weichgespült“ klingt. Andererseits haben genau diese Leute die imaginären Spandexhosen an, sobald Twisted Sister läuft. Doppelmoral galore!“
Sabrina: „Mir fällt hierzu spontan Carach Angren ein, die mich 2014 zur Knüppelnacht mit ihrem Mix aus harter Gitarre, Keyboard und weicher Geige absolut vom Hocker gerissen haben. Der Mix aus vielen Genres in dieser Szene lässt einem die Türen für jede Lebenssituation offen. Ich liebe das Chaos des Grindcore’s und die Stumpfheit hinter den Instrumenten beim Slam Death. Dennoch höre ich mir auch Melodic Black Metal an, wenn ich dafür in Stimmung bin. Ich denke jeder zieht sich aus speziellen Genres, Bands, Songs, genau die Energie die er gerade sucht und braucht. Über den Tellerrand zu schauen hat übrigens noch niemand geschadet. Gibt es doch immerzu Metal-Bands die sich in andere Genres trauen und experimentieren. Meist sind die hartgesottenen Fans die Ersten die deshalb im Dreieck springen (wozu ich mich auch zählen muss), aber die alten Songs sind doch trotzdem immer für einen da und meist bleibt es ja bei einem „kurzen Ausflug“. Ich muss für mich persönlich aber sagen, dass ich bei Clean-Gesang super empfindlich bin. Wenn dieser zu soft ist, zu lange andauernd oder zu oft in einem Song vorkommt, hat die Band für mich leider den Reiz verloren. Ich persönlich möchte einfach keinen 0815-Metal der für das Radio tauglich wäre.“
Alex: „Das Eine hat mit dem Anderen gar nicht zu tun. Auch geballerte Blastbeast können melodiös sein. Die Melodie wird nunmal meist von den Gitarren übernommen, wenn die Drums darunter übelst blasten und ballern, ist die Mischung ja melodiös und es wird dennoch geballert. Bands, die ausschließlich melodiös sind und gar nicht ballern, haben allerdings genauso eine Daseinsberechtigung wie alle anderen. Dass Metal ballern muss, ist meist eine Scheißhausparole von ultra trven Metallern, denen alles, was nicht nach Waschbärschlägerei klingt, zu lasch und zu untrve ist.“