Genre: Melodic Death Metal
Label: Independent
Veröffentlichung: 20.11.2020
Bewertung: Sehr gut (7/10)
Um das Jahr 1158 herum finden sich erste Belege dafür, dass die Stadt München gegründet wurde. Damals noch als recht simpler Marktfleck, ausgehend von der Ludwigsbrücke, erhielt die Stadt bald schon durch Kaiser Friedrich Barbarossa erweitere Handelsrechte und erblühte dadurch massiv. Heutzutage ist München die am dichtesten bevölkerte Gemeinde Deutschlands und für das Land in etwa so ein Aushängeschild wie Bratwurst, Bier, Autobahnen und Tennissocken.
Nach einem Zeitsprung, der fast 900 Jahre umfasst, befinden wir uns erneut in München. Etwa im Jahr 2019 finden sich fünf Musiker zusammen und gründen EMPYREAL SORROW. Unter dem Banner traditionellen skandinavischen Death Metal auseinander zu nehmen und verändert wieder zusammenzusetzen, dabei aber das Herz und den emotionalen Kern nicht zu vergessen, der der Musik per se innewohnt. Die Band befindet sich noch recht im Anfangsstadium, kann aber bereits auf die eine oder andere Werkstätte verweisen, die den Weg zum Status Quo gepflastert hat. So spielten bspw. Gitarrist Martin Hofbauer und Sänger Martin Szeike gemeinsam bei Dead Alone, welche sicher dem eher schwarz angehauchten Death Metal verschrieben haben und Bassist Sebastian Moser kann gar eine Kollaboration mit dem deutschen Drummer-Wunderkind Hannes Grossmann (Blotted Science, Alkaloid, Necrophagist, Obscura) in der Kombo Shapeshift verbuchen. Trotz Beginnerstadium keinesfalls blutige Amateure also. Lest in den nächsten Absätzen, ob sich EMPYREAL SORROW mit Praey ebenfalls entfalten können wie ihre Heimatstadt, oder ob die Ambitionen zu hoch gesteckt waren.
Nach einem atmosphärischen instrumentalen Intro geht es mit „Thrown Into The Fire“ unmittelbar zur Sache. Der Sound ist kratzig und hat eine gesunde Schippe Dreck dabei und bewegt sich tatsächlich im Bereich von Amon Amarth zu Zeiten von „Once Send From The Golden Hall“ oder In Flames während der „The Jester Race“-Phase. Sänger Martin entlockt seinem Organ sowohl kauzige Screams als auch derbe Growls, während die Instrumentalfraktion melodische und aggressive Layer aufschichtet. Cooler Auftakt mit ordentlich Wumms.
Während „Source of Inhumanity“ mit einem stampfenden Rhythmus und einem sogar leicht an Heaven Shall Burn erinnernden Vibe besticht, ohne Abziehbild dessen zu sein (!), zieht das anschließende „The Error Code“ die Aggressivität etwas an und prescht mit Blastbeats los. Im Refrain setzt es dann melodischeres Shouting an den Gesangsmikros, welches durchaus zu gefallen weiß und sich gut einfügt.
„Come Down With Me“ kommt im Anschluss eher etwas sperriger daher und variiert die Rhythmen mehrfach und verweigert dem Hörer einen durchgängigen Groove. Hier wäre etwas Gradlinigkeit in der ersten Songhälfte möglicherweise erfolgreicher gewesen, da Drummer Julian Osterried definitiv in der Lage ist solide Fundamente zu verlegen, was man wiederum in der zweiten Hälfte des Titels gut vernehmen kann. „Quiet Depression“ hingegen ist ein ziemlicher Brecher und vereint die Schnittmenge aus dem skandinavischen Melodic Death Metal bis hier hin am besten. Melodische Figuren, starke Akkordwechsel und stimmige Vocals lassen die zugrundeliegende Melancholie gut zur Geltung kommen und sollten jede schwedische Band neidisch mit der Zunge schnalzen lassen. Im Schlussteil des Songs reißen die Vocals die Erde mit bloßen Händen auf und lassen die fiesesten Dämonen aus der Hölle entweichen, das kann man mal amtliches Growling nennen!
Auffällig ist, dass EMPYREAL SORROW sich gut darin verstehen ihre Stärken auszuspielen. Verschachtelte Soli oder übertrieben frickelige Leadgitarren sucht man zusehends vergebens, was kein Kritikpunkt sein soll, sondern davon zeugt, dass sich die Instrumentalisten auf die Basis besinnen. Diese waren im klassischen Melodic Death Metal keine übertriebenen Solo-Orgien, sondern handfeste Riffs, die dafür sorgen, dass man die Köpfe rotieren lässt. Von diesen Passagen haben die Bayern in Songs wie „Scars Of Old“ und „Voice Of Violence“ diverse im Köcher, die immer mit einem punktuellen Fünkchen Harmonie abgeschmeckt sind.
Die Ansätze sind bei EMPYREAL SORROW bereits gut erkennbar. Bereits beim Debüt kann man eine eigene Handschrift vernehmen und musikalisch ist das Niveau bereits weiter oben angesiedelt. Das Geheimnis der zwingenden Refrains wurde bislang zwar noch nicht gelüftet und die eine oder andere Sequenz hätte man eventuell etwas dynamischer gestalten können, jedoch ist Praey eine handfeste Platte geworden. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass gerade die zweite Albumhälfte später entstanden ist als die erste, und sich das Songwriting während des Prozesses zusehends gefestigt hat. Wenn diese „Lernkurve“ beibehalten wird, kann mit dem Nachfolger möglicherweise enorm Boden gut gemacht werden. Ein bis zwei Ohren kann man allerdings als Fan der nordischen Melo-Death-Schule durchaus riskieren.