Neues Jahr, neue Diskussionen. Aufgrund der Pandemie haben wir alle Konzert-Entzugserscheinungen, doch viele Künstler versuchen, andere Wege zu nutzen, um live zu spielen oder sich einfach noch mehr mit den Fans zu verbinden. Deshalb diskutieren wir aus gegebenen Anlass über Folgendes:

„Mit Tickets für Online-Konzerte in Corona-Zeiten ist den Bands nur bedingt geholfen, da kleine Bands kaum die technischen Möglichkeiten haben und mit einem einzigen Ticket, mehrere Leute von der Couch aus schauen können. Außerdem bietet es auch für die Fans kein Erlebnis, für das es sich zu zahlen lohnt.“

Alex: „Halte ich für eine sehr wage Aussage. Ich denke die meisten Leute, die normale Hörer oder Konzertgänger and, können die benötigte Infrastruktur für ein analoges Konzert, bzw. ein Onlinekonzert qualifiziert genug einschätzen, um da eine halbwegs relevante Meinung abgeben zu können.
Außerdem gibt es auch hier solche und solche Konzerte, die jeweiligen Deals mit den Promotern bzw die Gagen der Bands machen hier nun einmal den Unterschied. Dass kleinen Bands hierbei wenig bis gar nicht finanziell geholfen ist, mag stimmen, doch das ist bei analogen Konzerten nun einmal genauso. Und sobald eine Band halbwegs von der Musik leben kann, behaupte ich mal, hat diese Band auch die Möglichkeiten und Kontakte, um ein akzeptables Onlinekonzert durchzuführen, bei dem die Einnahmen zwar tendenziell geringer sind, aber lieber nur die Hälfte verdienen, als gar nichts. Um es mal plakativ zu sagen.“

Marko: „So ziemlich alle Künstler sind derzeit schlicht und ergreifend am Arsch, es gibt im Prinzip keine Konzerte und die Herdenwärme kann man maximal noch spüren, wenn man sich verwackelte Handyvideos von Gigs anschaut. Es ist wie so oft, dass gerade die unbekannteren Bands in die Röhre schauen. Allerdings sind Online-Konzerte immerhin eine Möglichkeit für die Bands überhaupt etwas Geld zu generieren, diesen Ansatz jetzt zu torpedieren sehe ich als falsche Herangehensweise. Insomnium, Katatonia, Dark Tranquillity, Trivium und viele weitere Künstler haben derartiges bereits umgesetzt und bei den Konzerten, bei denen ich dabei war, hatte ich wirklich viel Spaß, da ich immerhin „Live-Musik 2.0″ genießen konnte und die Bands unterstützt habe. Ganz klar ersetzt so eine Übertragung ein echtes Konzert nie und nimmer, aber als Übergangslösung finde ich die Idee großartig und man sollte in einer so hoch technologisierten Zeit wie heute einfach mal den Nutzen des Internets erkennen und eben jenen daraus ziehen, egal ob dabei nun gerade einmal wenige Taler oder gar Millionen an Umsatz gemacht werden.“

Sabrina: „Ich selbst habe noch keine Online-Konzerte „besucht“ und verspüre nur wenig Interesse. Wenn ich alte Shows über YT anschaue brennt schon mein Herz, weshalb ich darauf gerne verzichte. Klar, Bandsupport etc. aber das kann ich auch durch Merchandise. Es ist natürlich eine Möglichkeit, dass Bands etwas Geld verdienen können und es gibt sicher genug Leute die dadurch die Bands supporten möchten.
Wenn ich mir aber vorstelle ein Rammstein-Konzert live von der Couch aus anzuschauen, wofür ich noch einen wahrscheinlich etwas höheren €-Wert in die Hand nehmen muss und zugleich zu den letzten Konzerten auf YT nicht viel Unterschied habe, frage ich mich ob die Bands nicht einfach ihre „Freizeit“ nutzen und eine neue Platte aufnehmen sollten. Dadurch könnte man für die Zeit nach Corona mit einer Tour starten.
(Mit einem einzigen Ticket mehrere Leute auf einer Couch > Bitte die Anzahl der Personen und Haushalten beachten)“

Marcus: „Ich finde es persönlich nur nervig. Hunderte, wenn nicht tausende Bands überschwemmen uns mit ihren Corona-Konzerten in ihren Proberäumen. Ob man es wie Bleed From Within größer aufzieht, wie Stolen Mind eine eher abgespeckte und langweilige 0815-Show oder wie Chaver eine Studio-Session macht, um noch ein paar Tapes an den Mann zu bringen: Ich kann mir das ganze Erlebnis sparen.
Schlimmer sind nur Auto-Konzerte, doch sind diese hier nicht das Thema.
Wir Fans haben unsere Konzertmitschnitte der letzten Jahre als Live-Trost (auf Youtube, DVDs und diversen anderen Plattformen und Medien) und Platten, CDs und Tapes für den reinen Musikgenuss.
Destruction haben im Juli in Leipzig ein Pandemnie-Konzert gegeben. Mit Abstand, Regeln und nur wenigen Besuchern. Das war mein einziges Konzert 2020 und es war der Wahnsinn. Bei Streaming-Konzerten kann ich mich an keines erinnern, das hängen blieb.
Für die Fans ist das einfach nichts. Und die Bands werden davon auch nicht vor der Pleite oder der Bedeutungslosigkeit gerettet. Es gibt viel wichtiges während einer Pandemie. Dass jetzt unbedingt jeder Künstler in der Zeit ein Publikum bekommt, gehört nicht dazu.“

Juli: „Die Pandemie hat Künstler und Eventveranstalter besonders hart getroffen und uns Fans (aber auch den Bands) fehlen natürlich vor allem die Konzerte. Da scheint so ein Streamingkonzert erstmal besser als nichts zu sein. Klar kreiert das nicht dieselbe Atmosphäre, die man bei einem Clubkonzert hat, aber man hat die Möglichkeit, seine Lieblingskünstler trotzdem beim Musizieren zu beobachten und auch finanziell zu unterstützen. Inwiefern die Künstler was von den Online-Ticket-Verkäufen haben, ist für Außenstehende natürlich schwer einzuschätzen und hängt sicherlich vom Vertrag mit dem Streamingdienst ab, wenn es nicht gerade for free bei YouTube gestreamt wird.
Auch wenn kleinere Bands nicht die Möglichkeiten haben wie die großen Namen in der Szene, so ist das auf jeden Fall eine weitere Möglichkeit, sich einem globalen Publikum zu präsentieren und Leuten, die sonst keine Chance hätten die Band zu sehen, genau das zu bieten. Zum einen ist das Teil der Digitalisierungswelle und zum anderen vorerst nur eine Übergangslösung. Aber wer weiß, vielleicht werden ja solche Streams nun Teil des öffentlichen Auftretens. Es ist jedenfalls legitim für einen aufwendigeren Stream mit einer normalen Show-Playlist auch Geld zu verlangen. Solche Online-Tickets sind letztendlich doch günstiger als normale Tickets. Ob sich das für einen lohnt, muss wohl jeder selbst entscheiden.“