Genre: Dark Rock / Alternative Label: AFM Records Veröffentlichung: 19.02.2021 Bewertung: Sehr gut (7/10) Lake of Tears
Wow – LAKE OF TEARS! Die Schweden haben mich in meiner Jugend definitiv beeindruckt, natürlich vor allem in ihren Anfängen, die noch im Gothic Metal („Head Stones“) zu suchen sind. Ein Wahnsinnsalbum war auch „A Crimson Cosmos“, eine Art Märchenalbum, total verrückt. Das habe ich unfassbar oft rauf und runter gehört. Bei meinem letzten Kontakt zu ihnen trug der Sänger eine Pilzmütze bei seinem Auftritt („Moons and Mushrooms“), danach verlor ich irgendwie den Faden zur Band. Umso beschwingter bin ich jetzt, da es ein neues Werk gibt – nach fast einem Jahrzehnt! Allerdings ist nur noch ein Bandmitglied übriggeblieben: Daniel Brennare. Das Cover erinnert mich im Übrigen ein bisschen an die neueren IN FLAMES, die auch ein skelettiertes Rabenvieh adoptiert haben.
„At the Destination“ zeigt mehr als deutlich, dass die Ausrichtung düster ist, aber auch in Richtung Ambient/Elektro/Gothic geht, jede Menge Synthies und ein bisschen Geige. Die Songstruktur ist einfach gehalten, der Fokus liegt auf den Beats, der von dem Streichinstrument etwas aufgepeppt wird. Der Gesang trägt einen elektronischen Schleier und ist nur sehr sparsam eingesetzt. Das Ganze erinnert definitiv an Sisters of Mercy. Im nächsten Song gibt es doomige Gitarren zu hören, die Singer-Songwriter-like den Gesang begleiten, der von Melancholie getrieben ist. Der Song lebt vor allem von der trostlosen Stimmung, die er beschreibt, auch wenn das Gaspedal am Ende noch etwas mehr durchgetreten wird.
Schöner wäre „Lost in a moment“ gleich, wenn zu Beginn ein echtes Schlagzeug zu hören wäre, aber das ist halt das Manko an einem Ein-Mann-Projekt. Auch der Bass, der ganz schöne Lines hat, könnte etwas mehr in den Vordergrund treten und etwas mehr Wums beisteuern. Getragen wird der Song von Schreddergitarren und dem unverwechselbaren Gesang, der die klagende Stimmung gut transportieren kann. Abwechslung bringen die ruhigeren Passagen, die aber den Song nicht unterbrechen. Gut finde ich als alter Synthie-Zweifler ja, dass hier definitiv nicht übertrieben wurde, sondern Geräuscheffekte dosiert und nicht übertrieben experimentell eingesetzt werden. „Ominous one“ präsentiert gesangliche Varianten, mal mit, mal ohne Effekt. Das lyrische Ich sucht hier das Zwiegespräch mit dem „Ominous one“ – scheint aber nicht glücklich über die Anwesenheit zu sein. Der Song geht nahtlos in das nächste „Ominous too“ über, das sich mir hier sehr in klassischer Gothic-Manier zeigt, gediegenes Tempo und Geige, fast denkt man an „Goehtes Erben“, wäre da nicht die Gitarre noch, die sich auch von ihrer verzerrten Seite zeigt und das Zusammenspiel mit dem anderen Viersaiter sucht.
Den Gesang muss man ja mögen, hört er sich doch manchmal etwas schief und nicht auf den Ton genau an, was besonders in „One without Dreams“ hervortritt. Aber dem Metalgott sei Dank, ist hier ja alles erlaubt und es macht das ganze markant, auch wenn es etwas schief ist. Textlich ist das allerdings etwas klischeehaft – „The End is coming near…“, was im Songtitel des siebten Songs weiter ausgeführt wird. Hier darf das Keyboard mal richtig knallen und auch die Gitarren grooven sich ein. „Cosmic Sailor“ erinnert mich vom Titel her an alte Tage und geht auch ein bisschen in die Richtung: träumerisch, aber nicht zu depressiv. Auf das Ende muss man ein bisschen warten. Zuletzt gibt es noch einen Bonussong, der wieder mit Geige und Bassgezupfe aufwartet, während Daniel uns noch die letzten Gedanken zum Weltuntergang mit auf den Weg gibt, was aber eher versöhnlich als deprimiert klingt. Er scheint seinen Frieden mit der Melancholie gemacht zu haben.
Insgesamt erfüllt die Platte meine persönlichen Hoffnungen nicht, dass es eine Neuauflage meiner Märchenscheibe gibt, aber nichtsdestotrotz ist der Silberling ein gelungenes Werk im Bereich des Gothic/Doom Metals. Durch die eindimensionale Bandbesetzung und das damit einhergehende elektronische Feuerwerk kommt es zu gewissen Defiziten, was z.B. den Sound der Instrumente angeht oder vielleicht auch dem Ideenreichtum der Songs. Trotzdem punktet die Platte mit nicht überladenen, klaren Songstrukturen, die sich nicht in Eigenbrödelei verlieren.