Genre: Death/Black Metal
Label: Century Media
Veröffentlichung: 9.10.2021
Bewertung: Heavy! (10/10)
Es gibt nicht viele Bands, die im Black-Metal-Genre so lange ohne größere Skandale überlebt haben und nach 30 Jahren immer noch relevant sind, weil sie sich einfach treu geblieben sind. NECROPHOBIC waren schon immer eine Band, die die richtige Mischung aus Black Metal und mainstreamtauglichem Songwriting auf die Plattenteller gebracht haben. Und damit meine ich Mainstream nicht als eine Beleidigung, sondern im Sinne von alltagstauglich. Schwere Garagenkost, Noise, Sludge, Waldhüttenromantik oder Zweitonmusik eignen sich einfach nicht für jeden Tag – ganz im Gegensatz zu NECROPHOBIC, die immer für ein paar Hits gut sind. Über die dreißig Jahre sind nun acht Alben – jetzt das neunte – zusammengekommen. Das letzte Album The Mark of the Necrogram hat nach fünf Jahren Pause mit neuem Atem wieder eingeschlagen. Keine Fließbandarbeit also, sondern professionelles Arbeiten, was ja nicht sehr typisch für dieses Genre ist. “Of course, Necrophobic is like a black metal version of AC/DC!” – Dieses Zitat von Gitarrist Sebastian trifft den Nagel auf den Kopf.
WAAAAAAA – der zweite Song „Darkness be my Guide“ (davor: Intro) knallt schon dermaßen, da muss ich mir schon fast ein Tränchen verdrücken! GENAUSO würden DISSECTION anno 2021 klingen, wäre das ihr neues Album. Natürlich hatten NECROPHOBIC immer schon diesen Anklang. Ein absolut mächtiger, bombastischer Sound trifft auf ein brillantes Hauptriff, dazu Midtempo Groove, unterlegt mit dezenten Doublebass, was will man mehr – verdammt, der Song ist nach knapp fünf Minuten schon wieder vorbei. „Mirror Black schlägt mehr in die Black-(/Death)-Schiene und galoppiert gehetzt durch den Refrain und die Strophen. Textlich absolut im erwarteten Fahrwasser, treiben die Gitarren vorwärts, der Bass hält sich im Hintergrund. Strokirks Vocals krächzen mühelos. Den Heavy-Anklang schafft ein absolut klassisches Gitarrensolo, bevor das Schwedenfeuer weiter durch die gleichzeitig melodischen und dazu harten Riffs schneidet. Nach fünf Minuten bietet ein kurzes Zwischenspiel mit Tonartwechsel eine kurze akustische Verschnaufpause, bevor sich der Bogen wieder zum Anfang spannt. DAS ist genau, was ich vom Songwriting erwarte.
„Tartarian Winds“ fegt zwischen klassischer Doublebass und Blastbeats eine Schneise ins Trommelfell, gepaart mit einem Frickel-Solo. Stark sind die Schweden einfach in den treibenden Passagen, die vom rauen Krächzen des Sängers vorwärts gepeitscht werden und die „Demons of the Underworld“ vor dem inneren Auge erscheinen lassen. Definitiv nicht abwertend ist gemeint, wenn ich sage, dass die Songs so kurzweilig sind, dass sie trotz ihrer fünf Minuten ratzfatz um sind – die Tracks sind einfach so rund, geradlinig und bombastisch, dass man mühelos mitgetrieben wird.
„The Infernal Depths of Eternity“ funktioniert rhythmisch völlig anders, aber das Kopfnicken ist nicht aufzuhalten. Textlich lasse ich hier an dieser Stelle den Textschreiber selber sprechen:
“In the ‘90s, we practiced a lot of magic. We did a lot of meditation, a lot of lucid dreaming, and of course it all fits together with the black metal scene in the ‘90s. I had a lot of experiences and I always wrote them down, after every experience. Now after all these years I have enough distance from that to be able to pick it up again, so I wrote about these experiences but in a way that the listener can follow. It’s about how I go into the lucid dreaming, how I form my dreams, how I decide which crap to leave behind and what to bring back from this meditation and how to develop as a human. It’s also about what happens with you when you have to do something hard in life. Sometimes you have to burn all your bridges. So this album is also about taking these irreversible decisions in life. Maybe you’ll lose friends and you’ll destroy stuff, but you have to stand by that. This is the astral journey where those decisions are made.”
“As the Fire Burns” klimpert sich in sehr spielerischer und ambitionierter Weise durch den Song, der auf der anderen Seite den Tiefen mehr Raum gibt. An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass das Album mit einer zweiten CD kommt, die ein paar Live-Mitschnitte enthält.
„The Return of a Long Lost Soul” startet nach kurzem Intro im Midtempo und bleibt trotz der Doublebass eher gediegen. Es wartet mit klassischen doppelläufigen Gitarrenspuren auf. Der Refrain erinnert mich ein bisschen an WITCHERY, wegen Gesang und Groove. „Devil’s Spawn Attack“ stellt sich ganz klar mehr als Death-Metal-Song dar, auch wenn Teufel, Hölle, der Antichrist und Flammen besungen werden – kein Wunder, hier fahren die Schweden einen Gastsänger auf, der normalerweise nix im Black Metal zu suchen hat: Schmier von DESTRUCTION – passt wie die Faust aufs Auge.
Insgesamt: Leck-o-mio (darf man das sagen??) – was für ein Knaller. Gefühlt waren NECROPHOBIC schon immer absolut unterbewertet, bedenkt man, was sie uns da immer auf die Ohren hauen. Pah – KAUFT DAS ALBUM! Los jetzt. Wahnsinn.