Genre: Black Metal
Label: Eisenwald
Veröffentlichung: 19.3.21
Bewertung: Bombe (9/10)
Wenn man bedenkt, dass die meisten Metal Bands traditionell aus vier bis sechs Mitgliedern bestehen, kann es einen durchaus skeptisch stimmen, wenn eine Combo gerade einmal einen Schlagzeuger und einen Saiteninstrumentalist aufbietet. Allerdings zeigen ja bereits MANTAR, IMPERIUM DEKADENZ oder BÖLZER, wie man auch mit wenigen Ressourcen ausreichend Krach machen kann. Umso gespannter darf man auf den Silberling von KANKAR sein. Die erste Veröffentlichung stand 2018 für die Thüringer zu Buche, die damals eine EP herausbrachten. Jetzt präsentiert das Duo sein Full-length Debüt.
Schon der erste Song „Gier“ zeigt, dass die zwei Musiker sich an Innovation und Kreativität versuchen. Heutzutage gilt es ja vor allem, sich von dem ewig deutschen Label des Post Black Metals á la DER WEG EINER FREIHEIT abzugrenzen. Dies schaffen sie, mit einem Intro mit melancholischen Akustikgitarren, kurzen Blastbeats und eines sehr epischen Klargesangs, der gleich im Ohr bleibt. „Krater in Sarx“ trifft bei mir genau den richtigen Nerv, denn hier zelebrieren die Thüringer einen Midtempo Black Metal mit klassischen Metal Elementen (Solo Gitarren) und mit fiesen Kratze-Growls auf Deutsch, die mein Herz erfreuen. Beide Songs sind mit unter vier Minuten recht knapp und dürften gerne länger dauern. Soundtechnisch hält sich hier gar nicht wenig Basslastiges mit einer ungeschliffenen Rohheit die Waage. Der Death Metaller in mir möchte gern, dass es da noch mehr knallt, der Schwarzmetaller ist aber mit der ungalanten Produktion einverstanden.
„Zerfall des Lichts“ zeigt seine Härte wieder nicht im Tempo, auch wenn dieses zwischendurch durchaus einmal anzieht und ein paar Blastbeats rausscheppert, sondern in der Spröde des Gesangs und der stark verzerrten Gitarre.
Wirklich passend präsentieren sich die deutschen Lyrics, die zwar heutzutage nichts mehr Ungewöhnliches sind, aber doch noch zu wenig genutzt werden. Erst auf „Vergeltung“ findet sich wieder der klare Hymnengesang im Pagan Metal Stil vom Eingangssong, der Innovation und Abwechslung mitbringt. Auch das variable Spiel des Schlagzeugers trägt dazu bei.
Nach der Ode „Thüringer Schwarzmetall“ stürzt sich das Duo mit „Der Schütze“ ins Schlachtengetümmel. Dazu passt, dass neben den krächzigen Screams auch Growls und Klargeschrei mit von der Partie sind. „N.E.I.D“ präsentiert ein sich wiederholendes Riff, das aber recht geil ist. Beide Songs sind wieder viel zu schnell vorbei, ich könnte die Riffs definitiv noch länger in ihrer Wiederholung aushalten. „Festmahl für die Krähen“ präsentiert uns düstere Dissonanzen, unterlegt mit dramatischem und irgendwie exotischem Klargesang, das Tempo changiert hier zwischen Mid und Low. Der Titel „Pilgerreise“ trifft den Sound ziemlich gut, der Rhythmus marschiert durch die Strophen, der Chorus spiegelt die Müdigkeit, aber auch Notwendigkeit, zwischendurch macht der Tross Rast.
„Die Sonne über Ikarus“ passt textlich wohl nicht ganz in den Thüringer Wald, aber der besungene „Hass und Abscheulichkeit“ passt natürlich perfekt ins Genre. Hier kommt der Pagan Einfluss noch mehr zum Vorschein und erinnert mich zwischendurch etwas an HELRUNAR. Der letzte Track „Dunkle Millenia“ bildet mit seinen Akustikgitarren einen Bogen zum ersten Titel des Albums, die dann noch mehr Wums aufbieten. Sicher ein Highlight und die Visitenkarte des Albums.
Insgesamt finde ich, dass KANKAR eine absolute Neuentdeckung sind, die in meine Playlist wandern. Mir gefällt das Midtempo, die Gesangsvarianten (überragend!), die deutschen Lyrics und die unverbrauchten Riffs. Ein bisschen Abzug gibt es dafür, dass manche Songs zu kurz geraten sind (wer hätte gedacht, dass das mal ein Kriterium ist) und der Sound könnte noch ein bisschen ausgewogener sein. Aber das ist schon Meckern auf hohem Niveau. Klare Kaufempfehlung!