Genre: Heavy Metal/Epic Metal
Label: Gates of Hell Records
Veröffentlichung: 19.03.21
Bewertung: Schwach (4/10)
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Unvergessen ist das 3:0 der U19 des 1. FC Nürnberg, als Stanislav Herzel in der 78. Minuten den Querpass auf….Moment, falsche Baustelle. Es geht natürlich keineswegs um Fußball, sondern um die französisch stämmige fünfköpfige Band HERZEL. Angesiedelt in der Bretagne, beschäftigt sich die Truppe mit historischen Ereignissen und Schlachten, die sich in diesem Teil des Landes abgespielt haben (sollen). Verwurzelt ist die Band in ihrem Klangkosmos im klassischen Heavy Metal und hat jüngst ihr Debütalbum „Le Dernier Rempart“ veröffentlicht. Übersetzt bedeutet der Albumtitel so viel wie „Die letzte Bastion“, was durchaus furiose textliche Kampfereignisse mit epischer Untermalung vermuten lässt. Jetzt ist epischer Heavy Metal so eine Sache für sich. Zwischen purem Kitsch und gnadenlos übertriebenen ausufernden Songstrukturen ist alles in diesem martialischen Testosteron angereichertem Genre erlaubt was zwischen Schwert und Schild passt. Allerdings kann dieses Kunststück auch schnell nach hinten losgehen, wenn man kein Feingefühl bei der Instrumentierung beweist. Schauen wir mal ob sich HERZEL ins Abseits schießen oder den Freistoß verwandeln können.
Mit dem ersten Song „Maîtres de l’océan“ wirft die Band dem Hörer auch direkt den größten Brocken vor den sie in petto hat und so erstreckt sich der Titel auch gleich über achteinhalb Minuten. Beginnend mit dem Knarren von Schiffen und rauem Seewind startet der Song recht flott. Der Sound ist nicht unbedingt eine Hochglanzproduktion, allerdings auch kein Totalausfall und geht für eine Band in diesem Stadium ihrer Karriere durchaus klar. Sänger Thomas Guillesser trägt die Texte in seiner Muttersprache vor und weißt in seiner Stimmbandbeschaffenheit eine gewisse Nähe zu DRAGONFORCE Sänger Marc Hudson und NIGHT DEMON Vokalist Jarvis Leatherby auf. Das sich wiederholende Motiv der Leadgitarre gibt dem Song einen wiedererkennbaren Anker, was durchaus ein Pluspunkt ist. Die Struktur des Songs wirkt zunächst etwas unaufgeräumt, aber mit zunehmenden Wiederholungen ergibt das Gebotene mehr Sinn.
„La Flamme“ geht mit einem schönen hohen Sirenen-Ton ins Rennen und hat deutlich mehr Heavy Metal im Blut, als der vorausgegangene Titel und weiß auch mit Riffs aufzuwarten, die teilweise von ACCEPT stammen könnten. Die Gitarrenarbeit ist durchweg solide und weißt in diesem Metier nicht viele Schwächen auf, allerdings ist das Tempo, welches bis auf kürzere Passagen nicht verändert wird, auf die Länge des Stücks recht ermüdend und monoton.
Man könnte bei der akustischen Einleitung zu „Berceau de cendre“ beinahe an LED ZEPPELIN zu ihren folkigen Zeiten denken, doch die Leadgitarren grätschen mit ihren zweistimmigen und sehr mittelalter-esken Melodien rechtzeitig dazwischen und holen den Song schnell wieder zurück in die Metal-Gefilde. Die sich anschließende Instrumental-Sektion erinnert dezent an IRON MAIDEN, da auch hier der „Galopp-Rhythmus“ gefahren wird. Das Hauptsolo ist zwar keine technische Meisterleistung, allerdings wurden hier genau die richtigen Trümpfe gezogen, da aufgrund der sich verändernden Riffs im Hintergrund eine coole Dynamik aufkommt, die genau die richtige Portion Euphorie abfeuert, die so ein Solo braucht.
Nachdem mit „L’Ultime Combat“ die letzte Schlacht geschlagen wurde (Ha! Ich kann doch französisch!) bleibt unterm Strich zu sagen, dass sich HERZEL kaum Fehler erlauben und handwerklich mit einem guten Gespür für Melodien ausgestattet sind. Die Schwächen liegen eher in der Art der Umsetzung. Mit einigen extra Layern würde die Musik allgemein mehr Druck erreichen. Ein Beispiel wo ein oder zwei zusätzliche Gitarrenspuren sehr hilfreich gewesen wären kann man am Anfang von „L’épée des Dieux“ nachhören. Ebenfalls halten sich beide Klampfen zu oft direkt beieinander auf und spielen zu oft dieselben Riffs gleichzeitig, was bei den Leadpassagen durch viele Harmonien kompensiert wird. Ein wirklich episches Feeling kommt durch den Verzicht von orchestralen Elementen innerhalb der Songs auch nur schwer auf, da zu viel Raum frei gelassen wird, den niemand ausfüllt. Nach Ende des Albums kann man sich nur schwer gegen den Eindruck wehren, dass hier durchaus mehr drin gewesen wäre. Alleine durch den Einsatz von schnelleren Abschnitten würde die Platte mehr Dynamik bekommen, statt durch das immer wieder genutzte Maiden-Galoppiere. Abpfiff, Trikottausch und ab unter die Dusche.