Genre: Punk Rock/Noise Rock
Label: Riding Easy Records
Veröffentlichung: 30.04.2021
Bewertung: 5/10(Durchschnitt)
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Es ist von unschätzbarem Wert, wenn sich Leute dazu entschließen einfach mal weniger verkopft an die Sache zu gehen und dem auf Hochglanz poliertem Metal und auch dem weichgespülten Punk eine lange Nase machen. Genau diese Attribute treffen auf das kalifornische Power Trio WARISH zu. Nachdem die selbsternannte „Low Budget Horror Rock“ Band im Mai 2019 zunächst eine zwei Songs beinhaltende EP „Runnin‘ Scared“ auf den Markt warf und sogar im Revolvermag und bei Kerrang thematisiert wurde steht nun das Debütalbum „Next To Pay“ ins Haus. Laut Band sollte das Projekt „ein bisschen punkiger, ein bisschen mehr Grunge und einen Tick böser“ jedoch gleichzeitig simpler sein, als das vorangegangene Material. Zumindest so erklärte es Sänger und Gitarrist Riley Hawk, welcher gleichzeitig Nachfahre von Skate-Legende Tony Hawk ist. Die Kombination zwischen der frühen Ära von NIRVANA und der Hochphase der MISFITS, die WARISH anbieten, sucht sich eine relativ eigene Nische, die mit fuzzigem Noiserock abgedichtet wird. Amps auf 11 und Lärmschutzkappen runter! Auf drei macht jeder was er will!
Ganz so chaotisch wird es dann allerdings doch nicht. Direkt im Opener und Titeltrack kann man den freien Skater-Spirit wahrnehmen. Stimmlich agiert Riley Hawk tatsächlich irgendwo zwischen einem angepissten Kurt Cobain, Mark Lanegan (SCREAMING TREES) und Jesse Forte (VAINS OF JENNA). Die Drums klingen schon bauchig und sind somit passend zum angepeilten Genre abgestimmt. An sich eine coole flotte Nummer, wenn auch ein wenig zu unspektakulär.
Mit den nächsten Songs „Another No One“ und „S.H.M. (Second Hand Misery)“ laufen vor dem geistigen Auge Szenen wie aus einem Teenie-Film ab, in dem bei der Hausparty alles kurz und klein geschlagen wird und die Meute komplett am Ausrasten ist. Irgendwo werden reihenweise Wasserpfeifen mit Sportlerkraut bestückt, an der nächsten Ecke tritt jemand ein Kellerfenster ein und wiederum eine weitere Personen ist mit zwei anderen Gästen wild am Rumknutschen, während eine Punkband im Wohnzimmer die ganze Nachbarschaft beschallt. Energetisch, ohne viel Firlefanz und mit einem gewissen amerikanischen Küstenflair ausgestattet eignen sich die Stücke bestens für wilde Exzesse. Der anarchische Vibe kommt auch bei „Burn No Bridges“ gut und authentisch rüber. Wahrscheinlich wäre die Musik von WARISH auch auf diversen Videospiel-Soundtracks von Papa Tony Hawk gelandet, würde die Serie nicht bereits im Schrank verstauben.
Die Rezeptur aus krachenden Gitarren, bis zur Unkenntlichkeit verzerrtem Bass und treibenden Drums ändert sich auch bei „Say To Please“ und dem folgenden „Seeing Red“ nicht großartig. Die Refrains unterscheiden sich hier und da voneinander, allerdings nicht in einem Maße der wirklich ins Gewicht fällt. „Seeing Red“ geht mit seiner flirrenden Leadgitarre etwas mehr in Richtung Stoner Rock und lässt weit entfernt an den Queens Of The Stone Age Song „Go With The Flow“ denken, jedoch nicht ganz so packend inszeniert. Beide Songs sind etwa vergleichbar simpel, aber was „Seeing Red“ etwas fehlt, ist der griffige Chorus.
„Woven“ versprüht Ramones-Feeling und hat ein recht lässiges Mainriff im Gepäck, welches neben dem punkigen Klang auch ein wenig Surfer-Attitüde verbreitet. Jedoch ist etwas auffällig das WARISH in der immer gefürchteten zweiten Albumhälfte etwas die Puste ausgeht. „Scars“ ist zwar kein Reinfall, jedoch ist die angebotene Mischung allmählich doch ermüdend. „Ordinary“ ist da eine willkommene Abwechslung, weil ausnahmsweise mal das Tempo gedrosselt wird und das Riffing eher in Richtung MONSTER MAGNET oder RED FANG abwandert. Auf der Zielgeraden passieren dann auch eher weniger spannende Dinge. Das Tempo wird wieder angezogen und der ungestüme Skate-Punk hat wieder die Oberhand. Insgesamt kann „Next To Pay“ für einen kurzen Adrenalin-Stoß durchaus taugen und auch um mit den Kumpels die Decks durch die Slopes jagen: Hierfür kommt die Mucke wahrscheinlich sehr cool, jedoch wiederholt sich die Platte auf der gesamten Länge zu oft, als das man tatsächlich länger als eine knappe halbe Stunde am Ball bleiben kann ohne abzudriften. Summa summarum haben WARISH hier kein schlechtes Album abgeliefert und transportieren den jugendlichen Leichtsinn und die ungerichtete Wut ziemlich zielsicher. Allerdings fehlt es an wirklich markanten Ideen oder Strukturen um das Material von der Beliebigkeit zu entfernen und die Musik zwingender zu machen.