Tetrarch - Unstable CoverGenre: Nu Metal/Metalcore
Label: Napalm Records
Veröffentlichung: 30.04.2021
Bewertung: 10/10 (Heavy)

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Man hätte es nie für möglich gehalten, aber der Nu Metal ist zurück und das in einer Gestalt, die dem heutigen Zeitgeist bestens zu Gesicht steht (siehe auch unseren Artikel zum Nu Core). Die aus Los Angeles stammende Formation verbindet in ihrem Sound die besten Elemente von zeitgenössischem modernen Metal dieser Tage und dem Erbe von Bands wie SLIPKNOT, KORN oder LINKIN PARK. Jedoch geht die Band um Fronter Josh Fore und Gitarristin Diamond Rowe eine Symbiose mit sowohl Metal- als auch teilweise Deathcore ein, was sicherlich ein deutliches Alleinstellungsmerkmal sein dürfte. Apropos Diamond Rowe: Die afroamerikanische Gitarristin ist die erste und bisweilen einzige dunkelhäutige Musikerin aus dem Metalgenre die in Magazinen wie „Guitar World“ oder „Guitar Player“ thematisiert wurde. Gleichzeitig konnte mit der Standalone Single „I’m Not Right“ ein massiver Hit gelandet werden und die Klickzahlen zum Song belaufen sich inzwischen auf 3,1 Millionen bei Spotify und 2 Millionen bei YouTube. Wohlgemerkt noch ohne die Hilfe eines größeren Labels. Napalm Records entdeckte die vierköpfige Band im Zuge ihres Internet-Hypes für sich und konnte TETRARCH unter Vertrag nehmen. Jetzt steht mit „Unstable“ das erste Album parat was auf dem großen Parkett erscheint und bereits die ersten Singles ließen die Erwartungen wachsen. Sich selbst versteht die Truppe als sicheren Hafen für all jene, die in die Rolle des Außenseiters gedrängt werden oder von anderen nicht richtig verstanden werden. Scheuklappen beiseite! Das hier geht gnadenlos ins Gesicht.

Mit „I’m Not Right“ geht der Reigen auch unvermittelt los und meine Herren, was ist das für ein druckvoller Sound! Die Gitarren sind recht tief gestimmt und dennoch liegen sie angenehm balanciert im Mix, was ebenso auf den knurrigen Bass und die klar differenzierten Drums zutrifft. Mit morbiden Leads und einem mächtigen Groove bewaffnet ist der Song direkt eine absolute Ansage und stopft die meisten der modernen Metalbands brutal in die Tasche. Der Refrain lässt das erste Mal die stimmliche Verwandtschaft mit Chester Bennington durchscheinen, allerdings ohne eine dreiste Kopie dessen zu sein. Auftakt nach Maß!

Vom zweiten Song „Negative Noise“ kann man sich nach dem Opener zunächst erst einmal richtig die Locken glätten lassen, denn das SLIPKNOT-mäßige Riffing und die durchsetzungsstarken Screams von Josh Fore knüppeln die Strophen unbarmherzig durch. Auch hier findet man die spacigen Leads von Gitarristin Diamond Rowe, die abermals gut ins Bild passen. In der Bridge kommt das facettenreiche Drumming von Trommelkrake Rubens Limas gut zur Geltung, da die Akzente mit einer Menge Wucht in die Felle gehämmert werden. Die Nummer ist insgesamt eher flotter und treibt extrem nach vorn, was in einem Live-Setting ziemlich abgehen sollte.

Der Titletrack „Unstable“ kommt zunächst mit etwas disharmonischem Riffing rein. Als die Strophe dann losbrettert muss man nicht schlecht staunen, da TETRARCH hier ziemlich dicht am typisch groovenden Klang von KORN agieren. Der Refrain trumpft mit einer interessanten Melodieführung auf, die eher weniger dem gängigen Hit-Prinzip erlegen ist, sondern von durchdachtem Songwriting zeugt. „You Never Listen“ schlägt in dieselbe Kerbe wie die vorherigen Songs, jedoch kommt mit den Synthies und zusätzlichen Gitarrenlayern ein ziemlich hymnisches Feeling auf. Die Zeilen des Chorus haften derart stark im Gedächtnis, dass man direkt bei der zweiten Wiederholung in Gedanken mitsingt. Verflucht starker Song!

Etwas stampfender und mit einer leichten SOULFLY-Note (nebst elektronischen Elementen) geschmückt geht es bei „Sick of You“ dann zwar gediegener, jedoch nicht weniger hart weiter. Die Rezeptur wird an sich zwar nicht verändert, allerdings geht die Gleichung mit jedem Song erneut auf. Die ungezwungene Art mit der TETRARCH sich hier vorwärts holzen ist gleichzeitig sehr erfrischend, in anderen Momenten aber auch seltsam vertraut, da man musikalisch die Fragmente in irgendeiner Variation aus einer weit entfernten Zeit bereits kennt. Fast so als würde man sich alte Fotos anschauen und die Erinnerungen die mit diesen Bildern verknüpft sind wieder durchleben. Bei „Take A Look Inside“ schleicht sich hier und da auch mal ein Moment ins Gefüge der entfernt an GOJIRA erinnern könnte. Der Breakdown in diesem Song ist derart fies und gemein, dass man automatisch das unbändige Bedürfnis bekommt sämtliche frei stehenden Möbelstücke aus reiner Bosheit vom Balkon zu werfen und in der ganzen Nachbarschaft Klingelstreiche zu machen. Darauf erstmal einen Nerven-Tee, eine Stunde Yoga und einen großen Mandala zum runterkommen.

„Addicted“ wandelt hörbar mit DISTURBED oder MACHINE HEAD Hand in Hand, verbindet dies jedoch mit einer gekonnten Gesangsleistung und coolen Figuren seitens der Drums und bindet die eigene Note gut mit ein. Refrains sind allgemein das Steckenpferd der Band und so ist es auch kein Wunder, dass nach dem Ende des atmosphärischen Rausschmeißers „Trust Me“ jeder Titel in irgendeiner Art und Weise im Kopf vertackert ist. Eine derartige Mischung bekommt man dieser Tage nicht jederzeit angeboten und Napalm Records tat wirklich gut daran TETRARCH unter Vertrag zu nehmen, denn das was die vier Amerikaner hier hingelegt haben könnte der Grundstein für eine äußerst erfolgreiche Karriere sein. Jeder Liebhaber von modernerem Metal wird an dieser Band in Zukunft wohl nur schwer vorbeikommen und das hat auch definitiv verdiente Gründe.