Hail The Sun CoverGenre: Post Hardcore/Progressive Metal
Label: Rude Records/Equal Vision Records
Veröffentlichung: 16.04.2021
Bewertung: Gut (6/10)

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Wenn es um Dinge wie ekstatisch zelebriertes Gefrickel geht, macht man mit HAIL THE SUN aus Kalifornien, USA nichts verkehrt. Die 2009 gegründete Band machte sich mit ihrer eigenwilligen Kreation aus Mathrock und Post Hardcore schnell beliebt und feuerte innerhalb von acht Jahren direkt vier Alben ins Gebälk, bei denen Fans von ungewöhnlichen Songstrukturen und unkonventionellen Ideen vor Verzückung mit den Taschenrechnern klappern sollten. So ein bisschen wirkte die Band immer wie in einer Familienkonstellation mit THE DILLINGER ESCAPE PLAN und COHEED AND CAMBRIA, wobei Erstere der ältere, rebellischere und durchweg angepisstere Bruder ist und Zweitere der nachdenkliche und in sich gekehrte Emotionalist im Brudergespann. HAIL THE SUN sind in diesem Vergleich am ehesten das Nesthäkchen, welches stets gut gelaunt ist und mit viel Neugier die Welt erkundet. Nichtsdestotrotz konnte die Truppe bereits einiges an Tourerfahrung sammeln und weiß ergo inzwischen wo ihr Platz und ihre Stärken sind. Mit dem neuen Output New Age Filth fangen die fünf Amerikaner an ihre Linie auszubauen und zu verfeinern. Viel gewollt und Ziel verfehlt oder ist der Versuch geglückt?

Los geht es mit „Domino“ – Der Opener zeigt direkt die Trademarks der Band. Während des recht quirligen und dynamischen Drumbeats wirbelt die Gitarre im Hintergrund unablässig vor sich hin. Die Klangkulisse ist allerdings glasklar und versteckt dem Hörer keine Nuance. Man könnte eventuell bemängeln, dass der Klang etwas zu glatt ist. Allerdings ist dies eher eine Geschmacksfrage. Viele Umbrüche und Abwandlungen bestimmen das Geschehen, während der Gesang im eher höheren Register angesiedelt ist. Stilistisch kann man die Vocals den frühen 2000ern zuordnen, in der Emopunk seine Hochphase hatte. Das soll nicht heißen dass hier theatralisch gelitten wird, sondern erinnert lediglich an diese kurzlebige Subgattung der Gitarrenmusik. Coole Nummer.

Mit „Slander“ werden vereinzelte Screams auf den Tisch gepackt, während sich durch die vertrackte Struktur melodiöses Riffing zieht. Ähnlich dem Titel davor, setzt die Kombo auf das Wechselspiel aus druckvollen und zurückhaltenden Passagen. Ein klassischer Refrain lässt sich zwar nicht verorten, aber in diesem Gewusel würde dieser auch eher weniger auffallen. Ganz anders macht es da „Solipsism“. Hier sticht der Kehrreim deutlich hervor und kann mit dem langgezogenen Wort „Euphoria“ einen Ohrwurm setzen. Das Spannende an der Musik von HAIL THE SUN ist, dass man nie weiß wohin sich der Song als nächstes wenden wird. Zwar werden keine allzu großen Risiken eingegangen und das verschrobene Hickhack zieht sich konsequent durch jegliche Kompositionen, allerdings schafft es die Band trotz aller Komplexität zugänglich zu bleiben, sodass es im Prinzip kaum auffällt, dass die Instrumentalfraktion die Taktarten in bester Manier zerlegt.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Song „Made Your Mark“, der zwar eher wie eine getragene Halbballade daherkommt, jedoch so einige kleine Stolpersteine bereithält, die einen nicht vergessen lassen, dass es hier an jeder Ecke Spannung gibt. „Slipped My Mind“ trumpft mit einem interessanten Dialog zwischen den Gitarren auf, die sich während der Strophen durchweg gegenseitig die Bälle zuspielen. Die wirklich großen Momente bleibt einem die Band jedoch schuldig. Nach der Hälfte der Platte, hat man einen guten Überblick über das Profil von HAIL THE SUN erhalten und je weiter man voranschreitet, desto weniger zwingend erscheint die Mischung. Sicherlich werden hier und dort Akzente gesetzt, aber Begeisterungsstürme sollte man nicht erwarten.

Außer Frage steht das musikalische Können. Jeder einzelne Ton des Albums wurde sicherlich gründlich durchdacht und handwerklich leisten sich die Amis keinerlei Fehltritte, sondern arbeiten pedantisch präzise. „Parasite Cleanse“ versucht es mit einem Tacken mehr punktuell eingesetzter Aggressivität, doch wirken die wütenderen Parts eher verhältnismäßig zahm.

Der Rausschmeißer „Punch Drunk“ kann dafür eine sehr intime Atmosphäre einfangen und wiedergeben. Nicht dass der Song allzu viel anders macht als die Songs davor, allerdings geht hier die Rezeptur und der Aufbau am besten auf. Insgesamt ist „New Age Filth“ ein solides Album, welches durchaus die Stärke besitzt Dinge bewusst anders anzugehen. Jedoch birgt die eingeschlagene Route viel zu oft die Gefahr dass innerhalb des Klangkosmos Passagen untereinander austauschbar wirken und einzelne Songs voneinander nicht unterscheidbar sind. „New Age Filth“ hat seine Momente, für mehr reicht es jedoch eher nicht.