Genre: Black Metal
Label: Black Sunset/MDD
Veröffentlichung: 28.10.2022
Bewertung: Bombe (9/10)
Mit diesem Album legen die Baden-Württemberger ihr eigentliches Debüt vor, das einer in Eigenregie veröffentlichter EP Aporia folgt. Es handelt sich hierbei um ein Konzeptalbum, das von einem Soldaten im ersten Weltkrieg handelt, der nach seinen grauenvollen Erlebnissen und nach einem tragischen inneren Kampf stirbt. Sehr eindringlich wird dies auch auf dem Cover dargestellt, das den toten Soldaten auf einem zerstörten Schlachtfeld zeigt, notdürftig abgedeckt mit einer dreckigen Plane. Es ist eine Reproduktion des Gemäldes „Der tote Blessiertenträger“ von Gilbert Rogers von 1919, das in London ausgestellt ist. Der britische Künstler war Mitglied im British Army’s Royal Army Medical Corps und an der Front tätig. Nach dem Krieg war er Leiter einer künstlerischen Kommission, die die medizinischen Folgen des Krieges ungeschönt darstellten. Die Thematik ist vielleicht nicht ganz klassisch für das Genre und auch auf den ersten Blick nicht brandaktuell, denkt man aber an die Ukraine-Krise, so wird einem sicherlich schnell bewusst, dass Krieg nie aus der Mode kommt. Die Texte sind allesamt auf Deutsch und für Black Metal Verhältnisse eigentlich ganz gut zu verstehen.
Musikalisch bewegt sich das Ganze im moderneren Black Metal, vielleicht sogar Post-Bereich, und lässt einen schnell an DER WEG EINER FREIHEIT oder KARG denken. Das Tempo variiert von maschinengewehrschnell mit jeder Menge Tremolo und wirbelnden Becken bis hin zu schleppend-trägen Passagen, die dem Bass einen gewissen Raum einräumen. Natürlich schaffen es die hektisch-lärmenden Drums im Zusammenspiel mit den schreddernden Gitarren perfekt, die Atmosphäre einer Kriegssituation abzubilden, die auch kaum Atempausen zulassen. Der Bass folgt vor allem dem Soundteppich des Schlagzeuges, das sehr dominant ist. Der Gesang erinnert an Kriegsgeschrei der Orks, keifend-wütend, kehlig-kratzig, aber auch zum Teil unterstützt von tieferen Growls. Insgesamt erzeugt die Musik durch das ständige Lärmfeuerwerk einen sehr bedrückenden und einengenden Eindruck, den adrenalinüberschüttete Soldaten wohl fühlen mögen, wenn sie Zeit haben, sich auf ihre Gefühle zu konzentrieren. Dies wird vom rohen Sound unterstützt, der an manchen Stellen höhenlastig ist, aber auch oft dröhnend und verzerrt klingt, als ob neben einem eine Granate im Boden einschlägt. „Niedergang“ zeugt durch sein melancholisches und langsameres Intro von den psychischen Schäden des Protagonisten.
Mein Anspieltipp ist „Unsegen I“, das einen sehr bedrängenden, aber irgendwie auch ironischen und nicht gerade subtil kritischen Charakter aufweist.
Das Album ist sicher keine leichte Kost und ist bestimmt nicht für einen geruhsamen Nachmittagstee geeignet. Dagegen transportiert es sehr gut Wut und Verzweiflung – zieht es euch also vielleicht nicht in eurer depressivsten Stunde rein. Für mich gibt es einen kleinen Abzug beim Sound, der mir an vielen Stellen etwas zu matschig ist, aber das ist persönlicher Geschmack. Klarer Kauftipp für Metaller, die nicht nach verspielten Experimenten suchen und das Geklopfe mit den deprimierenden Lyrics wegstecken können. Die Bewertung ist „Bombe“ – auch weil’s einfach so gut passt.