ROCKAVARIA mit IRON MAIDEN, 9.6.2018, München (Festivalbericht)

Zum dritten Mal fand dieses Jahr das ROCKAVARIA in München statt, diesmal nicht im Olympiastadion, sondern vor historisch-pompöser Kulisse am Königsplatz zwischen den klassizistischen Säulengebäuden der Propyläen und der Glyptothek, gleich hinter der Universität und mitten im Herzen Münchens. Dies ist auf der einen Seite natürlich ein großer Pluspunkt, da es kein Problem war, das Gelände mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen und vorher noch kurz im Biergarten Löwenbräu vorbeizuschauen. Auf der anderen Seite bedeutet mitten in München halt auch einfach, dass die Kosten für die Tageskarte am Samstag bei saftigen 117 Euro lagen und das Bier mit fünf Euro definitiv Münchener Preise hatte. Wir waren für euch am ersten Tag vor Ort.

Zunächst verzögerte sich der Einlass soweit, dass nur wenige JOHNNY GALLAGHER AND THE BOXTY BAND sehen konnten. Das lag vor allem an den Staus bei der Sicherheitskontrolle, die nicht zügig genug von den Securities bedient wurde. So konnte auch ich die Band nur aus der Ferne auf der King’s Stage sehen und den gediegenen Rock ‚n‘ Roll nur bedingt als Einstieg in den Tag nutzen. So startete für mich der Tag eigentlich erst mit den Engländern MONUMENT auf der Green Stage, die mit ihrem Heavy Metal noch nicht so lang auf der Bildfläche zu sehen sind. Beim Publikum kam ihre Spielfreude auf jeden Fall gut an, den Spaß sah man nicht nur dem dauergrinsenden Gitarristen an, sondern auch dem lederbejackten Sänger, der unablässig die Meute animierte und über die Bühne flitzte und seine großartige Stimme übte. Dabei präsentierten sie z.B. ihre Single „The Chalice“ von ihrem aktuellen Album „Hellhound“ von 2018.

Einen kurzen Blick konnte ich auf die Österreicher TUXEDOO werfen, die mit ihrem ganzen Equipment eine große Bühne definitiv benötigen, denn sie fahren drei Schlagzeuger inklusive Milchkanne und Kuhglocken, sowie drei Sänger für ihren Metalcore auf. Musikalisch konnten mich die sechs trotz Lederhosen und Kostümen nicht recht überzeugen. Anschließend ging es auf der Green Stage weiter mit DRAGONFORCE, die ihre Fans fast eine halbe Stunde warten ließen. Grund dafür waren wohl technische Probleme, die sich partout nicht lösen ließen. Den Leuten verhagelte dies aber nicht die Laune, schließlich knallte zu diesem Zeitpunkt sowohl die Sonne als auch das Bier schon recht ordentlich. Auch den routinierten Jungs aus London schien die Laune noch nicht vergangen zu sein, die Stimme von Sänger Marc brauchte aber ein bisschen, um auf Betriebstemperatur und in die Höhen zu kommen. Outfittechnisch sind die Heavy Metaller natürlich auch ganz weit vorne in der Klischeeskala, Leggings und weiße Turnschuhe inklusive. Auf der King’s Stage ging es derweil weiter mit der Melodic Metal Band THE RAVEN AGE, deren Gitarrist tatsächlich der Sohn von IRON MAIDENs Steve Harris ist. Die etwas ruhigeren Töne präsentierten sich professionell und ausgewogen und kamen bei den Fans gut an.

Eine gute Entscheidung war es derweil, die Zone vor dem ersten Wellenbrecher vor KILLSWITCH ENGAGE nicht mehr zu verlassen, da die Security keinen mehr hereinließen. Das führte zum einen dazu, dass meine Gruppe den Auftritt hinter der Absperrung sehen mussten und ich allein war, als auch zu mächtig Unmut bei den Besuchern, den die Security extrem zu spüren bekam. Absperrbänder und Diskussionen reichten am Ende nicht mehr, so dass die armen Jungs nur mit körperlichen Einsatz die Fans am Hereinströmen hindern konnten. Das Ärgernis ist auf jeden Fall nachvollziehbar, da in den vorderen Abschnitten definitiv noch genügend Platz für viele weitere Menschen gewesen wäre. Die Bändchenpolitik war mir allerdings sowieso ein Rätsel, denn mit meinem Gästebändchen durfte ich nicht bis vor die Bühne, Leute ohne Bändchen dagegen schon. Verwirrend. Die Amerikaner von KILLSWITCH ENGAGE rissen danach trotz einsetzenden Regens und Ausfällen der Leinwand ganz gut die Bühne ab und überraschten vor allem mit älterem Material wie „The End of Heartache“ oder „A Bid Farewell“. Tribut zollten die Metalcoreler Dio mit ihrem Cover zu „Holy Diver“, das natürlich sehr gut bei den Anwesenden ankam. Die Ansagen von Gitarrist Adam Dutkiewicz, der sich sein Instrument bis fast unters Kinn geschnallt hatte und über die Bühne kreiselte, waren auch für Sänger Jesse wohl etwas verstörend – oder seid ihr tatsächlich voller Bier und vollgepisst aufgewacht wie er angeblich jeden Tag? Ja, okay, ich musste wohl auch drüber lachen.

Aus Angst, nicht mehr vor die Bühne zu kommen, musste ich mir leider die Schweizer Folk Metaller ELUVEITIE sparen und wartete im Regen auf ARCH ENEMY um Frontfrau Alissa (sehnlichst von allen umstehenden Männern erwartet) und Neuzugang Jeff Loomis, den ich bis jetzt in dieser Konstellation noch nicht live sehen konnte. Auch die VIP Ränge auf den Stufen des Theaters auf der rechten Seite der Bühne, die man nur betreten konnte, wenn man sich ein Ticket für knapp 400 Euro geleistet hatte, füllten sich langsam. Nicht überraschend packten die Schweden dann auch alle üblichen Hits aus wie „War Eternal“, „You Will Know My Name“, „As The Pages Burn“, „We Will Rise“ und „Nemesis“. Wie üblich schwankte die Stimmgewalt der zarten Sängerin von brachial bis hin zu etwas dünn. Die Herren Amott /D’Angelo waren gut aufgelegt. Ihre Routine reicht stets völlig aus, da ist eine ausladende Bühnenshow gar nicht nötig. Auch wenn Jeff Loomis schon von jeher ein eher ruhigerer Charakter ist, übte der Neuling doch noch mehr Zurückhaltung auf der Bühne. Vielleicht ist doch auch der älteste Hase etwas aufgeregt. Nach einer kräftigen Dusche von oben verpassten wir dann auch SALTATIO MORTIS, die ich nur von der endlosen Schlange vor dem Klo aus hörte. Auch wenn die Spülklos für ein Festival recht angenehm sind, war doch die Anzahl im Großen und Ganzen eine Zumutung, so dass die Gebüsche nebenan stark von Männlein wie auch Weiblein frequentiert waren. In der halben Stunde Anstehen hätte ich mir leicht die Mittelaltercombo ansehen können. Aus diesem Grund verzichtete ich auch auf ein weiteres überteuertes Getränk.

Das große Highlight waren natürlich an diesem Tag sowieso IRON MAIDEN, die ihren München Aufrtitt ihrer Europatournee „Legacy of the Beast“ auf das Rockavaria verlegt hatten. Auch zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer noch Mitleid mit all den Die Hard Fans, die es nicht vor den zweiten Wellenbrecher schafften, um ihre Helden feiern zu können. Diese brannten in jeglicher Hinsicht ein unfassbares Feuerwerk ab und überzeugten jeden bis in die allerletzte Reihe, vom Feuerwehrmann über die Polizisten, die sich die besten Plätze auf den Gebäuden ringsum gesichert hatten. Nach dem Einspieler „Doctor, Doctor“ von Ufo flog zum ersten Song „Aces High“ ein fast originalgroßes Kampfflugzeug über die Bühne, während Bruce Dickinson mit Fliegerkäppi Vollgas über die Bühne wirbelte. Zu fast jedem Song wechselte das Backdrop und das Kostüm von Dickinson, der sich in Windeseile umzog und mit seiner Performance seine alten Kumpanen etwas entlastete, die sich voll aufs Spielen konzentrierten. Die Engländer konzentrierten sich vor allem auf ältere Songs wie „The Trooper“, „Fear of The Dark“, „The Clansman“ (mit einem Seitenhieb auf die aktuelle politische Lage, dass man auch heute noch für seine Freiheit kämpfen muss zu jeder Zeit), „Fear of the Dark“ oder „The Number of the Beast“. Bei „Flight of Icarus“ schwebte ein riesiger geflügelter Ikarus über die Bühne, der von Dickinson mit Flammenwerfern besprüht wurde. Natürlich hatte auch Eddie seinen Auftritt und ließ sich von Bruce mit einem Plastikschwert verprügeln. Ein riesen Dämonenkopf und ein beleuchtetes Kreuzmikrophon komplettierten die aufwändige Ausstattung der Bühnenshow. Nach gut eineinhalb Stunden verabschiedeten sich IRON MAIDEN, um für die obligatorischen Zugaben, u.a. mit „Run to The Hills“, relativ schnell wieder zu erscheinen. Insgesamt ein Wahnsinnsauftritt der alten Herren, der so manchem Fan Tränchen in die Augen getrieben hat und die Mitsingstimmbänder mächtig strapaziert hat. Das lässt auch die Ausfälle der Leinwand vergessen.

Insgesamt war die Veranstaltung sicher kein Schnäppchen und auch die Organisation war nicht optimal, die Security definitiv an mancher Stelle überfordert, aber für jeden IRON MAIDEN Fan war das Rockavaria sicherlich unvergesslich.

Für den zweiten Tag musste der Headliner DIE TOTEN HOSEN kurzfristig absagen, allerdings war es möglich, das Ticket zurückzugeben oder eine Preisminderung zu erhalten.