Nach zwei Jahren Pandemie und nur vereinzelten Shows mit strikten Corona-Regeln kann man sich endlich wieder ohne alles ins Getümmel stürzen. Und man, was haben wir das alle nötig. Wer könnte für den erneuten Einstieg in das Konzerterlebnis besser geeignet sein, als die Partymaschine aus Castrop-Spandau: ELECTRIC CALLBOY.

Die edel-optics.de Arena in Hamburg Wilhelmsburg soll am Muttertag Schauplatz eines riesigen Abrisses werden und bei Ankunft verspricht die locker 100 Meter lange Schlange vor dem Eingang auch genau das. Es scheint die Sonne, es gibt viele Zuschauer, die sich standesgemäß in Schale geworfen haben (Ballonseideanzug, Vokuhila-Perrücke, selbstklebende Schnurrbärte, und die Stimmung ist von Anfang an ausgelassen – die Party kann also steigen.

Bevor die erste Band des Abends die Bühne betritt, wird das Publikum mit Hits aus den 80ern, Classic Rock und ein wenig 90’s beschallt, um die feiernde Menge noch mehr in Schwung zu bringen. Und das lassen sich die Zuschauer nicht zweimal sagen und singen „Take on Me“, „Everybody (Backstreet’s Back)“ und „It’s My Life“ lauthals mit. Pünktlich um 19:00 Uhr entern die finnischen Metalcoreler ONE MORNING LEFT die Bühne und heizen schon mal ordentlich vor. Die Leute sind von Anfang an dabei und machen motiviert mit. Die Jungs starten ihr Set mit „Ruby Dragon“ vom aktuellen Album Hyperactive, gefolgt von „Neon Highway“ von der gleichen Platte. Als kleines Highlight kurz vor Schluss des Auftritts spielt die Band ihr Cover von Michael Jacksons „Beat It“. Nach einem letzten Song verabschieden die Finnen sich auch wieder und machen die Bühne frei für ihre Landsleute von BLIND CHANNEL.

Die Band hat nach ihrem Auftritt beim Eurovision Song Contest vergangenes Jahr immens an Popularität dazugewonnen. Kaum hatten die Jungs die im März und April stattgefundene US-Tour absolviert, sind sie nach kurzer Zeit direkt Teil der nächsten Tour, dieses Mal durch Europa. BLIND CHANNEL beginnen ihr Set mit „Balboa“ und geben ebenso von Anfang an Vollgas. Es sind durchaus einige Zuschauer bereits vertraut mit der Band, aber der Rest wird auch gleich mitgerissen. Recht schnell will die Band eine Wall of Death sehen und prompt erfüllt die Meute diesen Wunsch. Das Schweiß-O-Meter steigt also stetig weiter. Nach der Hälfte ihres Sets hat die Band als Highlight ein Cover von Eminems „Lose Yourself“ eingebaut und auch hier ist das Publikum textsicher und feiert diesen Moment ab. Das Energielevel sinkt kaum ab, lediglich bei „Bad Idea“ kann man etwas durchschnaufen, bevor es mit „Left Outside Alone“ volles Rohr weitergeht. Auch hier wird kräftig mitgesungen und der Band gefällt es sichtlich. Zum Abschluss des Sets hauen die Finnen ihren ESC-Hit „Dark Side“ raus und geben noch einmal alles, ein kollektives Rausstrecken der Mittelfinger am Ende des Songs bringt das Publikum noch näher und stimmt auf den Headliner des Abends ein.

Nach ein paar weiteren Klassikern in der Pause, die natürlich alle mitgesungen wurden, geht das Licht aus und alle Blicke richten sich auf das übergroße ‚Hypa Hypa‘-Banner, das noch die Bühne verdeckt. Kaum fällt das Banner, erschallt „Pump It“ aus den Lautsprechern und ELECTRIC CALLBOY beginnen ihre Abrissparty. Das Publikum ist sofort angefixt und es wird, gemosht, getanzt und gezappelt, und vor allem laut mitgesungen, was das Zeug hält. Nachdem die beiden für einige Shows wegen einer Corona-Erkrankung ausgefallen waren, waren Sänger Kevin und Gitarrist Pascal diesen Abend wieder dabei und man merkte ihnen von Anfang an an, wie sehr sie Bock haben, wieder Live-Publikum zu spielen. Das betonte die Band auch mehrmals zwischen den Songs. Und die Freude war ganz auf der Seite des Publikums. Nach ein paar weiteren Liedern stimmen die Jungs die Arena auf „Castrop X Spandau“ ein und genießen das von ihnen gewünschte Gegröle des Publikums. Den einzigen Moment zum Durchatmen gab es bei der akustischen Performance von „Prism“, für die die Zuschauer mit ihren Telefonen ein Lichtermeer zauberten, um die intime Atmosphäre zu unterstreichen. Aber dann war es auch genug mit dem Rumgestehe, es musste wieder Bewegung in die Massen kommen, deswegen ging es direkt mit dem aktuellen Hit „Spaceman“ weiter. ELECTRIC CALLBOY wurden nicht müde, ihre Fans zum Mitmachen anzutreiben und auch jene wurden nicht müde zu feiern. Nach „MC Thunder II“ gab es eine kurze Umkleidepause, denn natürlich fehlten noch ein paar Hits aus dem Repertoire der Band. Die „Zugabe“-Rufe ließen nicht lange auf sich warten, aber die Jungs auch nicht. Passend zum Video zu „We Got the Moves“ kamen die Jungs gekleidet auf die Bühne und rissen metaphorisch alles ab, was nicht niet- und nagelfest war. Mit „Hypa Hypa“ schloss die Band ihr Konzert ab und hinterließ ein verschwitztes, durstiges und fertiges, aber absolut glückliches Publikum.

Was für ein Abend! Die knappen vier Stunden waren eine einzige Party und gingen wie im Flug vorbei. Die Leute waren von Anfang an zu 100% bei der Sache und sangen alles mit, was ging, auch die elektronischen Instrumentalparts. Kaum jemand saß wirklich still, dafür war einfach zu viel Partystimmung in der Halle. Alle drei Bands haben gut zusammengepasst und eine großartige Show abgeliefert. Das hat der Seele gut getan.
Für viele war diese Show sicherlich die erste nach der langen Pandemie-Pause, und welche Band hätte besser als Auftaktparty dienen können als ELECTRIC CALLYBOY. Aber irgendwo hatte diese Pause auch etwas Gutes: Man hat sofort gemerkt, dass die Zuschauer alle höchst motiviert sind und ihre Zeit in der Arena genießen wollten. Nachdem wir so lange auf keine Konzerte gehen konnten, wissen wir es wieder zu schätzen, wenn unsere Lieblingsbands auf Tour gehen und uns mit ihrer Musik beglücken.

SetlistElectric CallboyBlind ChannelOne Morning Left
Pump ItBalboaRuby Dragon
My Own SummerDied Enough For You Neon Highway
Hate/LoveWe are No Saints!liaF cipE
The SceneOver My Dead BodySinners are Winners
Castrop X Spandau Lose YourselfBeat It
SupernovaSnakeYou’re Dead! Let’s Disco!
Best Day Timebomb
Back in the BizzBad Idea
CrystalsLeft Outside Alone
PrismDark Side
Spaceman
Rehab
MC Thunder II
We Got the Moves
MC Thunder
Hypa Hypa